Kurz-Interview
Die Reisejournalistin Barbara Schaefer, eine profunde Rom- und Italien-Kennerin und Autorin zahlreicher Reiseliteratur, stellt uns einige Fragen über uns und unsere Tätigkeit als Kulturvermittler.
RomaCulta Daseinsberechtigung: wer seid ihr und was macht ihr? Und warum?
Alessandro kam vor über zehn Jahren nach abgeschlossenem Studium nach Rom und traf sich mit Fulvio in einem Übersetzungsbüro in Trastevere: der berufliche Funke war gesprungen, sie verband die Liebe zur Kunstgeschichte. Sie waren sich einig: Ein Kulturvermittler dürfe die Kundschaft nicht nur im Sinne eines Dienstleistungsanbieter bedienen, er müsse sie an der eigenen Freude teilhaben lassen.
Jahre später (2003) kam Benedetta mit ins Team, dann Fabio und Katia.
Wie kommt man auf die Idee einen solchen Beruf auszuüben?
Sagen wir so: am Anfang haben wir aus der Not eine Tugend gemacht. Wir sind durch unseren Bildungsweg einer Leidenschaft nachgegangen - die aber mit der krassen Realität der Berufswelt im Widerspruch stand. Unsere Gesellschaft heute hat wenig Bedarf an Geisteswissenschaftlern, Leistung und Erfolg werden eher den technisch-orientierten Wissenschaften anerkannt.
Kulturvermittlung ist heute unsere Berufung.
Warum gerade das Augenmerk auf den deutschsprachigen Markt? Haben nicht gerade die Deutschen sowieso gedruckte Reiseführer dabei?
Wir sind „deutsch“ durchtränkt: Alessandro ist -trotz Namen- Südtiroler deutscher Muttersprache, Fulvio und Benedetta haben die Deutsche Schule in Rom besucht, Fabio hat großteils seines Archäologie-Studiums in Deutschland verbracht. Wir wissen deshalb genau, welche Erwartungen ein kulturinteressierter Romreisende an diese Stadt stellt: man kommt um was zu lernen, um Zusammenhänge zur eigenen Heimat herzustellen. Wer hätte das gedacht dass sich die Berliner Reichstag-Kuppel vom antiken Pantheon ableitet, dass Münchens Stadtbild auf die römischen Kaiserfora zurückgeht („Maximilianstil“), warum trifft man auf der Wilhelmshöhe in Kassel einen römischen Herkules oder bei der Karlskirche in Wien auf nach-antike Ehrensäulen? Um nur wenige Beispiele zu nennen.
Natürlich, Rom kann durchwegs mit einem gedruckten Reiseführer verstanden werden. Wir machen die Aufgabe aber leichter, zumal man heute im Durchschnitt 4 Tage in Rom verweilt und keine Zeit hat, sich vorzubereiten.
Bitte den Unterschied zwischen Kulturführung und Stadtführung
Herkömmliche Stadtführungen verharren meist in der reinen Faktenvermittlung und im Anekdotischen. Nichts gegen die Anekdote als solche, klarerweise, Nietzsche sagt ja treffend „aus drei Anekdoten ist es möglich, das Bild eines Menschen zu geben“.
Wir glauben eher, dass Kulturführungen Zusammenhänge vermitteln müssen, indem sie aus der Mentalitätengeschichte schöpfen: bildende Kunst entsteht dank des geistigen Umfeldes. Unsere Aufgabe ist es, dieses Umfeld zu erklären. So kann man z.B. an der Spanische Treppe mit der richtigen Einbettung den gesamten Spätbarock ablesen, und so auch z.B. die Residenz in Würzburg treffend einordnen (lernen). Im diesem Sinne sind unsere Führungen nachhaltig, so wie es eine Stunde mit einem Skilehrer sein kann :-)
Warum dauern eure Kulturführungen drei Stunden und nicht länger?
Unserer Erfahrung nach sind drei Stunden genau richtig, um ein Thema zu vertiefen. Nicht zu kurz und nicht zu lang. Der Wahrnehmungsprozess wird im Allgemeinen in drei Stufen unterteilt: Empfinden, Organisieren und Einordnen. In der ersten Stunde wird man mit dem Thema „warm“ dann beginnt man das Empfundene zu Ordnen, dann erfolgt die Deutung und das Verständnis für das Detail.
Natürlich bucht man uns auch ganztags z.B., hier muss aber gesagt werden dass die Aufnahmefähigkeit ausgesprochen hoch sein sollte.
Wenn Ihr privat mal Luft holt in Rom - wo geht Ihr hin?
Das Private und das Berufliche ist durch unseren Werdegang kaum zu trennen, da wir uns an Roms Kunst und Kultur enorm erfreuen und ergötzen. Alessandro sitzt oft mit einem mp3-Player in Kirchen und „gibt sich“ die richtige Musik zur passenden Kirche, Fulvio kauft am Liebsten am Markt am Esquilin-Hügel ein, wo nicht nur die Qualität der Waren sehr gut ist sondern gleich „ums Eck“ ein antikes Aquädukt steht. Fabio gräbt im eigenen Garten mit der Ausrede Tomaten zu pflanzen - in Wahrheit sucht er nach geschichtlichen Überresten (und ist meist fündig!!). Benedetta hat 4 Kinder und in ihrer Freizeit geht sie mit ihnen auf Entdeckungsjagd durch Rom. Katia geht mit ihrem Hund gerne in Anzio am Strand spazieren und sammelt Bücher über das antike Rom.
Einmal im Monat treffen wir uns privat und unternehmen die unterschiedlichsten Dinge: abwechselnd bereitet jemand von uns ein Thema vor und es wird vorgetragen. Der Nachmittag endet in einem römischen Wirtshaus (bevorzugt wir „Memmo“ nördlich der Piazza Navona).