Im November 2015 ist die sechs-monatige Restaurierung dieses unglaublichen Barockwerks zu Ende gegangen. Vergangene Übertünchungen und Übermalungen wurden entfernt, sowie Verkittungen und Verschmutzungen gelöst - nun erscheint die Skulpturengruppe in neuem Glanz! Wir empfehlen den Besuch um ca. 11h wo das Licht ab beeindruckendsten durch die Öffnung fällt.
Er gilt als einer der bedeutendsten Künstler des Barock. Er war in einer Zeitspanne von 50 Schaffensjahren für mehrere Päpste tätig und prägte mit seinem Kunstwollen nicht nur die Hauptstadt des Kirchenstaates sondern das gesamteuropäische Barockzeitalter.
Er schuf eine Vielzahl an grandiosen Werken, er galt schon unter den Zeitgenossen als "All-round-Genie": Bühnenbildentwerfer, Bildhauer, Architekt, Szenerien-Erfinder... .
Ähnliches unternimmt er dann in den Spätjahren, in der Altieri-Kapelle in San Francesco a Ripa in Trastevere, als er die Statue der Ludovica Albertoni gestaltet.
Bernini inspirierte sich an einer autobiographischen Erzählung der spanischen Mystikerin Theresa, Ende des 16.Jhdts. gerstorben, wo sie, in einer explodierenden Verzückung auf Wolken schwebend und der Erde entrückt, sich einem als Jüngling dargestellten Engel hingibt, der einen goldenen Pfeil von oben ihr entgegen schleudert. Das Erleben Gottes, wie es Bernini aus dem Carrara-Marmor herausgewonnen hat, gleicht verblüffend der Darstellung erotischen Erlebens und körperlicher Liebe. Bei der Enthüllung des Werkes soll es damals zu Aufsehen gekommen sein. Die erotischen Ausdrucksformen schienen den mystischen Gehalt zu überdecken. Unverhüllt wird hier gezeigt, wie eine Frau der Erotik Gottes erliegt.
Theresa selbst schildert ihre mystischen Erfahrungen so körperlich, dass man es gar nicht besser künstlerisch wiedergeben kann, als Bernini es getan hat.
Denn gerade in diesem Werk offenbart sich der barocke Zeitgeist am Aller deutlichsten: die Sinne finden ihren Eingang in die europäische Kunstgeschichte, die Glaubensinhalte gehen ab nun "durch den Bauch". Bernini wird für ganz Europa stilprägend sein - er öffnet der Gestaltungsweise neue Türen. So wie es Michelangelo hundert Jahre vorher gemacht hatte.
"[Es] wollte der Herr, dass ich den Engel in leiblicher Gestalt sehen sollte. Er war nicht groß, eher klein, aber sehr schön. [...] In den Händen des mir erschienenen Engels sah ich einen langen goldenen Pfeil; an der Spitze seines Eisens schien mir Feuer zu sein; es kam mir vor, als durchbohrte er mit dem Pfeil einige Male mein Herz bis ins Innerste, und wenn er den Pfeil wieder herauszog, war mir, als zöge er den innersten Teil meines Herzens mit heraus. Als er mich dann verließ, war ich ganz entzündet von feuriger Gottesliebe. Der Schmerz war so scharf, dass er mich zu vielen Seufzern trieb, und so groß war die Süßigkeit dieser Qual, dass ich niemals wünschen kann, sie zu verlieren, noch dass meine Seele mit weniger als Gott zufrieden sei. Es ist kein körperlicher Schmerz, sondern ein geistiger, obwohl der Körper Anteil daran hat, großen Anteil. Der Liebesverkehr, der seither zwischen meiner Seele und Gott stattfindet, ist so beglückend, dass ich den gütigen Herrn anflehe, er wolle ihn dem zu kosten geben, der etwa meint, ich würde hier lügen"
Giorgio Manganelli (1921-1990), mailänder Poet und Autor, hat im Jahre 1985 ein schönes Essay über seine Erfahrung mit der Begegnung dieser Skulpturengruppe verfasst, welches wir hier weidergeben möchten. "<Die Ekstase der Heiligen Theresa> von Gian Lorenzo Bernini", aus «Manganelli furioso. Handbuch für unnütze Leidenschaften» Berlin 1985 (Klaus Wagenbach-Verlag), übersetzt v. Marianne Schneider.
Das Essay können Sie hier downloaden (ca. 1,4 MB)
(...) Ich versuche, sie anzuschauen, meinen Blick zu schärfen, denn ihm übertrage ich die Aufgabe, in diesem Weiß das Dunkel ausfindig zu machen. Und da verschwindet die Statue. Jetzt habe ich etwas vor mir, das ich eine "Figur" nennen möchte: Damit meine ich ein in den Raum gestelltes Zeichen, etwas, das Menschliches vortäuscht, aber zur Welt der unmenschlichen Bilder gehört, eine gleichgültige und notwendige Form, die von der Luft nichts weiß und ihrer nicht bedarf. (...) Ich betrachte den absolut anstrahlen Leib der heiligen Theresia; erblicke einen Fuß, der ins Bodenlose ragt. Er tritt auf nichts, die Anwesenheit des Fußes hat allein den Sinn, zu nicht nütze zu sein; an diesem geistigen Ort ist und war nie ein Boden. Der Raum unter diesem Fuß ist unendlich, aber wir können das nur schließen, denn er reicht nicht bis zu uns. Ich betrachte die Hand: sie kann nichts fassen, obschon sie eine menschliche Form hat; sie hat darauf verzichtet, etwas anzufassen, zu drücken, zu besitzen: der anmutige Tribut für ihre Verwandlung in Marmor liegt darin. Der Blick gleitet über diese schwerelosen, nur zum Schein körperlichen Formen und tastet sich durch das komplizierte Labyrinth des harten Marmors; kaum vermag er sich loszulösen von diesem Gewand: denn es ist Zeremonie, Flug, Undurchdringlichkeit, Licht, alles zugleich. Und schließlich entdecken die Augen das Antlitz und bemerken gleichzeitig, die hl. Theresia ist nicht allein.