Veröffentlicht in Römische Impressionen

Der schönste Engel Roms: Guido Renis Erzengel Michael

Verfasst von Roma Cultor am 30 September 2019
Guido Reni Erzengel Michael

Die kleine Kapuzinerkirche Santa Maria della Concezione an der Piazza Barberini in Rom ist vor allem wegen der gruseligen Knochengruft im Kellergeschoß berühmt. Wenig bekannt ist die eigentliche Kirche, wo sich (erste Kapelle rechts) ein Juwel der europäischen Barockmalerei befindet:

"Der Erzengel Michael besiegt Luzifer" von Guido Reni um 1635-36 gemalt.

Guido Reni Erzengel Michael besiegt Luzifer

Guido Reni 1636 Öl auf Seide 295x202cm Santa Maria della Concezione, Rom

Berini Barberini NepoteDer Auftraggeber gehörte zur Oberliga: der Kardinal Antonio Marcello Barberini war Bruder vom Barockpapst Urban VIII und als Jurist am Hofe des mächtigen Onkels tätig.

Die Familie hatte neben der Kirche ihren stattlichen Stadtpalast, den Palazzo Barberini. guido reni michaelDer Kardinal war selbst Franziskanermönch und wurde 1646 in dieser kleinen Kirche begraben.

Die Maße des Bildes sind beachtlich: 293 x 202 cm. Technisch bemerkenswert ist die Ölmalerei auf einem Seidentuch (statt auf Leinen, wie üblich).

Die Unterwerfung des Luzifer, Detail

Die Unterwerfung des Luzifer, Detail von Guido Reni

Dargestellt ist einer der drei Erzengel, Michael, als “Befehlshaber der himmlischen Armee”: Mit ausgezogenem Schwert drückt er den angeketteten Luzifer (=Satan) siegreich zu Boden. Zur Zeit seiner Entstehung war die "Gefahr" Luthers in Rom bereits gebannt, der Erzengel Michael wurde als Verteidiger und Beschützer der Kirche und des Glaubens weiterhin verehrt.

Die Unterwerfung des Luzifer, Detail

Die Unterwerfung des Luzifer, Detail

guido reni michael self

Selbstporträt v.Guido Reni

“Vorrei aver avuto pennello angelico, o forme di Paradiso per formare l’Arcangelo, o vederlo in Cielo; ma io non ho potuto salir tant’alto, ed invano l’ho cercato in terra. Sicché ho riguardato in quella forma, che nell’idea mi sono stabilita”.

Der Maler Guido Reni (1575-1642) schreibt in einem Brief an den Hausmeister des Papstes, dass er lieber einen göttlichen Pinsel verwendet hätte, um den Erzengel zu malen. Da er aber auf der irdischen Welt keinen finden konnte, hätte er ihn nach seiner idealen Vorstellung des Übermenschlichen gemalt. Der Engel gilt also als das Schöne schlechthin, und wenn es ein Ideal der Schönheit gibt, muß es auch eines der Häßlichkeit geben.

In Rom eiferte Guido Reni dem idealisierten Raffael-ähnlichen Idealstil nach. Das Schöne sei nicht in der genauen Naturbeobachtung zu finden sondern existiere in einem Idealzustand, den der Künstler anstreben müsse. Dieser Zugang war zu seiner Zeit neu, denn "mainstream" der anderen Richtung waren die Zeitgenossen Caravaggio und Annibale Carracci, die sich eher an die Natur orientierten.


Erzengel Michael, Ausschnitt aus Guido Renis Bild

Erzengel Michael, Detail

Das Gemälde wurde bald weltberühmt, das Sujet erschien auf zeitgenössischen Münzprägungen oder auf modische Broschen, durch Kupferstiche oder Kopien gelang die Darstellung des Erzengels v.a. im 19.Jhd. in die ganze Welt: als Idealbild von Kampf zwischen Gutem und Böse schlechthin.

1753 gelang eine Interpretation des Erzengels auf die Spitze der Engelsburg.

Erzengel Michael von Peter Anton von Verschaffelt 1753 Engelsburg

Erzengel Michael von Peter Anton von Verschaffelt 1753, Engelsburg Rom

Münze von 1693 nach Guido Reni

Münze von 1693 nach Guido Reni

Pieter de BAILLIU The Archangel Michael

Pieter de Bailliu 1637 The Archangel Michael nach Guido Reni (Kupferstich, London British Museum)

Franz. Brosche um 1850

Franz. Brosche um 1850 (Quelle: https://www.quis-ut-deus.de/werke/17-jahrhundert/reni/)

 

Glasmalerei von1847 nach Guido Reni, St.Patrick’s Basilica in Montreal (Quebec C

Glasmalerei von1847 nach Guido Reni, St.Patrick’s Basilica in Montreal (Quebec Canada)